Die Ursprünge
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gibt es Aufzeichnungen über eine regelmäßige bedeutsame musikerzieherische Tätigkeit in Bozen, die sich vor allem im Umkreis des Musikvereins Bozen abspielt. Von dieser lokalen “Philharmonischen Gesellschaft”, die im Jahr 1854 gegründet wurde, sind leider nur wenige Zeugnisse geblieben, die auf die Beteiligung am musikalischen Leben der Stadt hinweisen (am bedeutsamsten ist wahrscheinlich der Bestand an Orchestermaterial, der zurzeit in der Bibliothek des Konservatoriums aufbewahrt wird).
Im Jahr 1927 wird der Musikverein in eine neue Institution aufgenommen, dem bürgerlichen Musiklyzeum “G. Rossini” mit Sitz unter den Lauben, unter der Leitung von Mario Mascagni (1882-1948), einem Cousin des weltberühmten Komponisten der “Sizilianischen Bauernehre” (“Cavalleria Rusticana”). Dank seines Einsatzes, seiner sprichwörtlichen Energie und unbestrittenen Kompetenz wandelt sich das Lyzeum “Rossini”, im Laufe von wenigen Jahren, in eine gut funktionierende Musikschule mit modernen Programmen und exzellenten Lehrern: von diesem “Qualitätssprung” zeugt der rapide Anstieg an Schülern, die nach nur fünf Jahren der Aktivität des Institutes die Schwelle von zweihundert Einschreibungen überschritten haben.
Vom “Lyzeum” zum “Königlichen Konservatorium”
Nachdem das Musikinstitut von Bozen 1930 in den neuen Sitz in der Vintlerstraße übersiedelt ist, wird es jährlich von den Regierungskommissären überprüft (unter diesen sind als bekannteste O. Respighi, F. Boghen und G. Napoli zu nennen), die die Qualität der Ergebnisse und der Lehre unterstreichen. Somit wird am 26. Juni 1932, durch ein königliches Gesetz, das Lyzeum “G. Rossini” von Bozen den Staatlichen Musikkonservatorien gleichgestellt: ab diesem Datum steigert sich die Tätigkeit des Lyzeums, die Besetzung der Dozenten wird komplettiert und neben den normalen didaktischen Aktivitäten organisiert das Institut Konzerte und Veranstaltungen in den wichtigsten Sälen der Stadt, einschließlich des Verditheaters.
Durch die rasante Entwicklung steigt das Lyzeum Rossini in die höchste musikerzieherische Hierarchie auf, wie, gegen Ende des ersten Jahrzehnts der Aktivität, der Regierungskommissar Adelmo Damerini in seinem Jahresbericht von 1938 festhält. Nach einer eingehenden Inspektion durch den Maestro Gino Marinuzzi im März 1939 wird das Bozner Institut schließlich zum Königlichen Konservatorium; in Kraft gesetzt durch das Gesetz vom 30. November 1939, n. 1968 (“Die Umwandlung der gleichgestellten Musiklyzeen von Bozen, Cagliari und Pesaro in Königliche Konservatorien”) und durch das darauffolgende Ausführungsdekret vom 16. Oktober 1940.
Der Krieg und der Wiederaufbau
Für das nunmehr zu einem Konservatorium umgewandelte und mit dem großen Namen von Claudio Monteverdi versehene Lyzeum, wird in Absprache mit den Autoritäten der Gemeinde auch ein neuer weiträumiger, funktionsfähiger und prestigereicher Sitz gefunden: das ehemalige Kloster der Dominikaner am gleichnamigen Platz. Die Anpassungsarbeiten am Gebäude, das zuvor von der Gewerbeschule genutzt wurde, werden durch die Kriegsereignisse beeinträchtigt: Fliegerbomben schädigen das Kloster und die angrenzende Kirche beträchtlich; nach dem 8. September 1943 wird das Konservatorium der italienischen Verwaltung unterstellt, der Lehrkörper und das Verwaltungspersonal wird zur Zwangsarbeit verpflichtet und verschwindet dann, Bücher, Hausrat und Musikinstrumente werden beschlagnahmt und weggebracht.
Nach Kriegsende existiert das Konservatorium nicht mehr. Angesichts der drohenden Auflösung des “Claudio Monteverdi” per Gesetz, krempeln die Verwalter die Ärmel hoch und können durch ihren enormen Einsatz, in Zusammenarbeit mit den fähigsten Kräften der Stadt, wundersamerweise bereits im September 1946 im beschädigten Sitz der Dominikaner ein, in jeder Hinsicht, reguläres akademisches Jahr beginnen.
Der plötzliche Tod von Mario Mascagni, auf den Cesare Nordio (1891-1977) folgt, kann den emsigen Wiederaufbau und den Aufschwung der wichtigsten musikalischen Einrichtung der Stadt nicht aufhalten: im Mai 1949 wird der neue Konzertsaal des Konservatoriums eingeweiht und zum Austragungsort für die erste Ausgabe des Internationalen Klavierwettbewerbs “Ferruccio Busoni”. Am 8. März 1952 schließlich wird der neue Schulsitz offiziell übergeben.
Die Fabelhaften 50er
In den 50er Jahren ist das Bozner Konservatorium Hauptprotagonist aller wichtigen musikalischen Initiativen der Stadt, mit aktiven und enthusiastischen Konzertisten von internationalem Ruf im Lehrkörper (der Name von Arturo Benedetti Michelangeli, Dozent im “Monteverdi” von 1950 bis 1959, spricht für sich). Folglich erringt das Konservatorium in den 50ern einen Ruf der augenscheinlich die engen nationalen Grenzen überwindet. Um diesen, vielleicht einmaligen, Zeitraum besser zu veranschaulichen, genügt es an die Entstehung des Busoni Wettbewerbes innerhalb des Konservatoriums zu erinnern. Von Cesare Nordio ins Leben gerufen und vom Dozentenkörper sofort mit Begeisterung aufgenommen, wird der Wettbewerb auch von den städtischen Institutionen sowie vom umgehenden Erfolg unter den Pianisten und Musikern weltweit unterstützt: dank dem “Busoni” bevölkert sich daraufhin die Stadt jeden Sommer mit Künstlern, Journalisten, Touristen und Schaulustigen, die das kulturelle Klima in Bozen in besonderem Maße beleben. Es muss jedoch auch einerseits die zur gleichen Zeit blühende Aktivität des Konzertvereines erwähnt werden, die ab 1949 im prächtigen Konzertsaal des Konservatoriums die Crème de la Crème des italienischen und europäischen Konzertismus nach Bozen bringt; sowie andererseits die Glanzzeit des Bozner Trios, das sich aus drei Dozenten des “Monteverdi” (Giannino Carpi, Nunzio Montanari und Antonio Valisi, auf den Sante Amadori folgt) zusammensetzt und in diesen Jahren – ebenso wie die Kollegen des Italienischen Quartetts und des Trios von Triest – in denkwürdigen Konzertreihen Meilensteine der Kammermusik darbietet, wodurch die weltweite Aufmerksamkeit und die Bewunderung für die wieder auflebende italienische Instrumentalschule geweckt wird.
Die Gegenwart
Nach den glanzvollen Zeiten einer vielleicht einmaligen Epoche, entwickelt sich das “Monteverdi”, wenn auch immer im Schatten des “Busoni Wettbewerbes”, zu einer effizienten Schule mit reger Tätigkeit, die der ernsthaften Vorbereitung ihrer StudentInnen mehr Aufmerksamkeit schenkt als dem internationalen Renommee. Es sind Jahre der auffeinanderfolgenden neuen DirektorInnen, von Giorgio Cambissa (Direktor von 1962 bis 1980) über Johanna Blum (1980-1981), Hubert Stuppner (1981-1996), Vito Brunetti (1996-1997), Vea Carpi (1997-2008) Tochter des bereits genannten Voilinisten des Bozner Trios, Felix Resch (2008-2014), Heinrich Unterhofer (2014-2017) hin zum aktuellen Direktor Giacomo Fornari (seit November 2017).
In diesen Jahren wird die Mittelschule eingegliedert, die viele junge MusikerInnen hervorbringt, und die Zusammenarbeit mit dem “Haydn Orchester” nimmt stetig zu. Die neue große Orgel “Tamburini” wird im Konzertsaal aufgebaut und als einziges Konservatorium in Italien führt das “Monteverdi” die Studienrichtungen Kirchenmusik, Lied, Oratorium und Blasorchesterleitung ein.